von Thomas Willmann/Schweriner Volkszeitung
Die Stimmung im Festzelt hatte schon etwas von Bundesliga-Atmosphäre. Die Ringer des RV Lübtheen, die dank ihres Regionalliga-Staffelsieges in der im September beginnenden Saison in der zweithöchsten deutschen Klasse starten werden, nutzten die 650-Jahrfeier der Lindenstadt, um sich vor einem breiten Publikum zu präsentieren. Als Gegner wartete mit dem RSV Rotation Greiz eine echte Größe im deutschen Ringkampfsport. Die Thüringer hatten die weite Anreise, die durch Stau-Stehen noch um zwei Stunden verlängert wurde, in Kauf genommen, um die alte Sportlerfreundschaft mit den Lübtheenern aufzufrischen.
Zuletzt stand man sich vor 20 Jahren in einem freundschaftlichen Vergleich gegenüber. Der Umzug aus der angestammten Heimstätte, der Hans-Oldag-Halle, in das Festzelt erforderte schon ein gewisses Improvisationstalent. Aber da alle mit anpackten, war die Matte nach dem Auszug der Musikkapelle schnell aufgebaut. Die Sitzbänke wurden von dem ein oder anderen zur Tribüne umfunktioniert, um so aus stehender Position einen möglichst guten Blick erhaschen zu können. Der Zuschauerraum füllte sich und es wurde „gemütlich“ warm, von klimatisiert konnte keine Rede sein. „Vergesst bitte nicht, das ist heute alles nur ein Vorgeschmack, wir haben da noch was in petto“, machte der Vereinsvorsitzende des RVL, Bert Compas, zum Einstieg gleich einmal Appetit auf die Meisterschaft. Da beiden Mannschaften nicht die Bestbesetzung zur Verfügung stand, den Zuschauern aber wie bei einem Bundesliga-Vergleich zehn Kämpfe geboten werden sollten, waren einige Aktive zweimal in Aktion zu erleben und traten teilweise auch in einer anderen Gewichtsklasse oder Stilart an. Als der durch das Programm führende sportliche Leiter der Lübtheener, Frank Oldag, auf dem Podium Csaba Mátraházi aufrief, war erstmals richtig Stimmung unterm Dach. Der inzwischen 73-Jährige ist der Vater der Lübtheener Ringergeschichte, hat seinen Sport 1968 aus der Heimat Ungarn mitgebracht: „Ich hatte immer im Hinterkopf, diese schöne Sportart zu vermitteln. Dass dieser Gedanke hier bis heute eine Fortsetzung findet, erfüllt mich mit Stolz. Der Verein ist in guten Händen.“ Unter seinen Fittichen stand auch Torsten Schmal, mit 48 Jahren Senior der Lübtheener Mannschaft: „Ich bin topfit, und es reizt mich, noch einmal gegen so hochklassige Gegner anzutreten.“
Da die Greizer aber die Gewichtsklasse bis 55 kg am Sonnabend unbesetzt lassen mussten, verbuchte „Schmali“ kampflos die ersten vier Punkte für das Lübtheener Punktekonto. Thomas Tonn (120 kg/Freistil) baute die Führung durch seinen Punktsieg aus, bevor Dennis Langner (66 kg/Fr.) schon einmal zu spüren bekam, was ihn künftig erwartet. Er blieb gegen den mehrfachen polnischen Meister Radoslav Kisiel ohne Wertung. Dagegen zwang Alex Dell (84 kg/Fr.) seinen jungen Greizer Kontrahenten auf die Schultern – es wurde so richtig laut im Zelt. Der Lübtheener Vorsprung schmolz, als sich Christian Nützmann (66 kg/griechisch-Römisch) und Benjamin Sadkowiak (74 kg/Fr.) Brian Tewes und Daniel Sartakow geschlagen geben mussten. Auch Maximilian Kahnt (74 kg/g.-r.) hielt wenig davon, Alex Fuhr an dessen 23. Geburtstag ein Punkte-Geschenk zu machen und sorgte in einem interessanten Kampf für den 13:13-Ausgleich. Der bulgarische Neuzugang im Trikot der Mecklenburger, Mitko Asenov (60 kg/g.-r.), deutete an, dass er das Zeug zum Publikumsliebling hat, selbst wenn es für den 55-kg-Ringer in der höheren Gewichstklasse nicht zum Sieg reichte. Radoslav Kisiel unterstrich bei seinem zweiten Auftritt, dass er nicht umsonst in der zurückliegenden Saison in der 2. Liga ungeschlagen blieb. In einem aktionsreichen Duell entschied der polnische Meister beide Runden für sich (8:3 und 7:4) und brachte Greiz erstmals in Führung (16:14).
Zur Erklärung: Mit der neuen Saison wird national und international eine Kampfzeit von 2×3-Minuten eingeführt. Bisher ging ein Kampf über drei Gewinnrunden á zwei Minuten, konnte also bei gleichstarken Gegnern bis zu fünf Runden dauern. Auf Lübtheener Seite mussten jetzt Thomas Tonn (120 kg/g.-r.) und Alex Dell (84 kg/g.-r.) in ihren zweiten Kämpfen an diesem Abend alles versuchen, um das Pendel wieder in Lübtheener Richtung ausschlagen zu lassen. Das gelang ihnen nicht. Der Kräfteverschleiß war wohl auch zu groß, um so routinierte Ringer, wie Boris Eisenstein und Thomas Leffler überraschen zu können.
So endete der freundschaftliche Vergleich der künftigen Liga-Konkurrenten mit einem Greizer 22:16-Erfolg. Alle Beteiligten sind gespannt, wie das aussehen wird, wenn es am 12. Oktober in Greiz ein Wiedersehen zwischen dem Staffelfavoriten aus Thüringen und dem Liga-Neuling geben wird. Dann geht es immerhin um Bundesligapunkte. Das Knisternwarschonzuspüren:„Sicher,wir hätten lieber gewonnen. Aber richtig um die Wurst geht es ja erst ab September“, sprach Lübtheens Trainer Jens-Peter Sievertsen von einem unterhaltsamen Abend mit Trainingseffekt. Die Greizer Truppe, die in der alten Ringerhalle untergebracht war und am nächsten Morgen die Heimreise antrat, wurde vom Vereinspräsidenten Thomas Fähndrich angeführt: „Wir sind in dieser Saison sehr breit aufgestellt und wollen in die Medaillenränge. Aber auch die Lübtheener haben sich recht gut verstärkt und werden in voller Besetzung schwer zu schlagen sein.“
Bilder vom Festumzug
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Bilder vom Kampf
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