verfasst von Thomas Willmann – Schweriner Volkszeitung
„Alle sind begeistert. Von uns aus kann es losgehen. Wir freuen uns auf die neue Saison.“ Man hört und merkt Bernd Compas an, dass er für seine Sache „brennt“. Seine Sache, das ist der Ringerverein Lübtheen, dessen Geschicke er seit einigen Jahren als Vorsitzender lenkt. Auch die treuen Fans des RVL fiebern schon dem Start entgegen. Einen Monat müssen sie sich noch gedulden. Dann wird in der Lübtheener Hans-Oldag-Halle wieder Ringkampfsport auf höchstem Niveau geboten. Die „Löwen“ stehen vor ihrer dritten Bundesliga-Saison.
Einen Titel können die Lübtheener schon jetzt für sich beanspruchen. Auch in diesem Jahr werden sie die Reise-Weltmeister der Bundesliga sein. Satte 6200 Kilometer haben die Lindenstädter für ihre sechs Auswärtsfahrten zurückzulegen. Das kann keines der anderen 22 Teams, die erneut in drei Staffeln aufgeteilt die Vorrundenkämpfe bestreiten, toppen. „Schuld“ ist die geographische Lage. Der RVL ist das einzige Nordlicht im Bunde. Das Ringkampfgeschehen spielt sich zumeist deutlich weiter im Süden der Republik ab. Die größte Entfernung innerhalb der Nordwest-Staffel führt die Mecklenburger in dieser Saison zum Liga-Neuling ins baden-württembergische Hockenheim (knapp 580 km). Im Vergleich dazu sind die 460 km nach Witten (Nordrhein-Westfalen) fast schon als Spazierfahrt einzustufen.
Allein diese Zahlen machen deutlich, dass der zu betreibende Aufwand sehr groß ist – finanziell und zeitlich. Das führt vereinsintern immer mal wieder zu Diskussionen, ob das noch vertretbar ist. Entsprechende Stimmen wurden auch zum Ende der vergangenen Saison laut. „Wir stehen grundsätzlich auf gesunden Füßen. Warum sollen wir nicht fortsetzen, was wir uns über Jahre aufgebaut haben? Solange ich Vereinsvorsitzender bin, werde ich mich dafür einsetzen, die Bundesliga zu halten“, bezieht Bert Compas klar Position. Aktuell sei das ohnehin alternativlos. Schließlich habe man durch den sensationellen Sieg gegen den KSV Witten im letzten Heimkampf des vergangenen Jahres den sportlichen Abstieg vermieden. Und die Mannschaft zurückzuziehen, das sei definitiv keine Option. „Dann müssten wir ja wieder ganz unten anfangen.“ Das hat der RVL indes mit einer zweiten Mannschaft vor. Die wird in der Brandenburg-Liga ringen, mit ganz jungen Leuten, die behutsam an das Männer-Niveau herangeführt werden sollen.
Im Bundesliga-Kader stehen 22 Aktive. Die Neuzugänge sind zumindest teilweise keine Unbekannten. Sowohl Alexander Ginc (Bruder von Andrej), als auch Karam Mosebach haben schon für den RVL gerungen. Beide kommen vom Bundesliga-Aufsteiger ASV Schorndorf, letzterer mit der Empfehlung eines Deutschen Meistertitels. Auch Brian Bliefner (aus Aue) und Kevin Lucht (SC Leipzig) schätzt Compas hoch ein: „Das sind alles starke Jungs, die supergut zu uns passen.“ Sie verstärken ein Team, das ansonsten fast komplett zusammen geblieben ist. „Wenn man überlegt, was diese Jungs teilweise auf sich nehmen, um für uns zu ringen – es muss doch irgendwas schön sein in Lübtheen“, hält der Vereinsvorsitzende mit einem Lachen fest.
Was kommt sportlich auf die Mannschaft zu? „Die Konkurrenz hat fleißig eingekauft. Die Liga ist genauso stark einzuschätzen wie im Vorjahr.“ Nicht mehr dabei sind die Red Devils Heilbronn. Der letztjährige Staffelsieger tritt diesmal im Südosten an. Die Lücke wird durch Aufsteiger RKG Reilingen-Hockenheim geschlossen. Der Rückzug des TV Aachen-Weilheim sorgt allerdings dafür, dass sich die Nordwest-Staffel nur aus sieben statt der angestrebten acht Teams zusammensetzt. „Wir sind besser aufgestellt als zuletzt“, ist Compas überzeugt. Man brauche aber auch das nötige Glück, das in den vergangenen Jahren einfach gefehlt habe. „Wenn wir endlich einmal halbwegs verletzungsfrei bleiben, können wir uns hoffentlich so gut verkaufen, dass wir mit dem Abstieg vorzeitig nichts zu tun haben.“
Die Liga startet am 28. September, allerdings noch ohne den RV Lübtheen, der am ersten Kampftag das freie Team der Siebenerstaffel stellt. Für den RVL wird es am 3. Oktober ernst, und zwar gleich mit dem wichtigen Auswärtskampf beim Neuling in Hockenheim. Nur zwei Tage später steht in der Hans-Oldag-Halle die Heimpremiere an. Es geht gegen den SC Kleinostheim. „Die Lübtheener Ringer leben von der mannschaftlichen Stärke und von der Atmosphäre. Genau da kommen unsere Fans ins Spiel.“ Bert Compas hofft, noch ein paar Zuschauer mehr als bisher für die Auftritte „seiner Jungs“ begeistern zu können.